2021

Eilrechtsschutz in der Sozialhilfe bei erheblichem Vermögen

Das Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen (LSG NRW) hat mit Beschluss vom 20.5.2021, Aktenzeichen L 9 SO 80/21 B ER, eine einstweilige Anordnung über Leistungen der Hilfe zur Pflege für eine 24-Stunden-Betreuung durch zwei Betreuungspersonen ausgesprochen. Das Gericht entscheid, dass das Vermögen des Antragstellers, das mehr als 440.000 € beträgt, der Eilbedürftigkeit (Anordnungsgrund) nicht entgegensteht.

Der 19-jährige Antragsteller erlitt im Alter von 2 Jahren einen Autounfall. Im Zuge der folgenden Behandlung im Krankenhaus kam es zu einem schweren Behandlungsfehler, der eine…

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Grundsatzurteil des BSG mit ersten Leitplanken zum neuen Recht der Eingliederungshilfe

Am 28.1.2021 hat das Bundessozialgericht entschieden, dass ein Verwaltungsakt, mit dem ein persönliches Budget bewilligt wird, nicht befristet werden kann (BSG, 28.1.2021, B 8 SO 9/19 R). Seit Mitte Juni liegen die Urteilsgründe vor. Die Bedeutung des Urteils geht weit über die Frage nach der Befristung eines persönlichen Budgets hinaus. Der 8. Senat nahm den Fall zum Anlass, um eine Reihe wichtiger Fragen anzusprechen und erste Leitlinien für das durch das Bundesteilhabegesetz geschaffene neue Recht der Eingliederungshilfe (§§ 90 bis 150…

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Keine Verjährung von Erstattungsforderungen nach § 50 SGB X durch die Festsetzung von Mahngebühren

Mit Urteil vom 4.3.2021, Aktenzeichen B 11 AL 5/20 R, hat das Bundessozialgericht (BSG) bestätigt, dass Forderungen aus § 50 SGB X (Erstattung von Sozialleistungen, die zu Unrecht gezahlt wurden), in vier Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem der Erstattungsbescheid unanfechtbar geworden ist, verjähren (§ 50 Abs. 4 SGB X) [vgl. Meldung vom 14.5.2021]. Nun liegt die schriftliche Urteilsbegründung vor. Danach gilt:

Die dreißigjährige Verjährungsfrist aus § 52 SGB X verdrängt die vierjährige Verjährungsfrist…

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Endlich: Keine Nazi-Größen mehr auf juristischen Standard-Werken

Seit Jahren fordert die Initiave Palandt umbenennen! den Beck-Verlag auf, den Namen des bekanntesten juristischen Kommentars zu ändern [Meldung vom 17.12.2017]. Doch lange Zeit hielt der Verlag am Markennamen „Palandt” fest. Otto Palandt, ein überzeugter Nazi, war während der Nazi-Diktatur in leitender Funktion im Reichsjustizministerium tätig war. Er trug zu dem Kommentar niemals etwas bei. Nun endlich greift der Beck-Verlag die Kritik auf [Mitteilung Beck-Verlag]. Die nächste Ausgabe wird den Titel „Grüneberg” tragen. Der Richter am BGH Dr. Christian Grüneberg ist der…

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Bundesverfassungsgericht verweigert Entscheidung zu § 1a AsylbLG

Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat eine Verfassungsbeschwerde gegen die Sanktionsvorschriften des § 1a AsylbLG nicht zur Entscheidung angenommen. Der Beschluss vom 12.5.2021 zum Aktenzeichen 1 BvR 2682/17 wurde dem Beschwerdeführer am vergangenen Dienstag zugestellt und im Anschluss veröffentlicht.

Dem Beschwerdeführer wurde vorgeworfen, am Asylverfahren nicht ausreichend mitzuwirken. Daher erhielt er von Januar 2013 bis Februar 2015 nur eingeschränkte Leistungen nach dem AsylbLG. Diese Leistungen erhielt er in Form von Gutscheinen, deren Wert etwa die Hälfte der…

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Bedarfssätze im Asylbewerber-Leistungsgesetz verfassungswidrig?

Auch nach der Grundsatzentscheidung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 12.7.2012 (1 BvL 10/10) sind die Leistungen für Menschen, die Grundsicherungsleistungen nach dem Asylbewerber-Leistungsgesetz (AsylbLG) erhalten, deutlich geringer als Grundsicherungsleistungen nach dem SGB II und dem SGB XII. In vielen Fällen werden nur Sachleistungen erbracht.

Nun hat das Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen in Celle (LSG Celle) entschieden, dass § 3 AsylbLG gegen die Verfassung verstößt. Weil nur das BVerfG Gesetze, die der deutsche Bundestag verabschiedet hat, als…

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„Kein Zwang zum Heimwechsel aufgrund Behinderung”

Unter diese Überschrift hat das Landessozialgericht (LSG) Niedersachsen-Bremen seine Pressemitteilung zu seinem aktuellen Beschluss vom 3.5.2021 (L 8 SO 47/21 B ER) gestellt. Zugrunde liegt der Fall, dass der Sozialhilfeträger Leistungen der stationären Hilfe zur Pflege eingestellt hatte, weil er der Auffassung war, die leistungsberechtigte Person müsse in eine stationäre Einrichtung der Eingliederungshilfe umziehen. Im Hintergrund steht, dass der Sozialhilfeträger der (möglicherweise nicht richtigen) Auffassung war, dann sei ein anderer Kostenträger zuständig. Das LSG verpflichtete den…

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Teilhabestärkungsgesetz tritt in Kraft

Das Teilhabestärkungsgesetz [siehe Meldung von 18.1.2021, Regierungsentwurf, Dokumentation des parlamentarischen Vorgangs] wurde wie das KJSG am 22.4.2021 in der Fassung der Ausschussempfehlung vom 21.4.2021 vom Bundestag verabschiedet. Am 28. Mai 2021 hat der Bundesrat zugestimmt. Die Änderungen des SGB IX (Artikel 7) treten zum 1.1.2022 in Kraft.

Die für die Eingliederungshilfe nach dem 2. Teil des SGB IX wichtigsten Änderungen sind:

  • Wenn eine Person, die Leistungen nach dem SGB II („Hartz IV”) bezieht, Leistungen zur Teilhabe (§ 4 SGB IX) beantragt, muss der leistende Rehabilitationsträger – ggf. also auch der Träger…

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Bundesverwaltungsgericht hält BAföG-Sätze für verfassungswidrig

Das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) hat mit Beschluss vom 20.5.2021 (Aktenzeichen 5 C 11.18) entschieden, dass das BAföG gegen die Berufsfreiheit (Art. 12 GG) und den Gleichheitsgrundsatz (Art. 3 Abs. 1 GG) verstößt, weil die Berechnung der Höchstbeträge für die Ausbildungsförderung nicht nachvollziehbar ist [Pressemitteilung BVerwG]. Weil nur das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) Gesetze, die der Bundestag erlassen hat, für verfassungswidrig erklären darf, hat das BVerwG das Verfahren gem. Art. 100 Abs. 1 GG ausgesetzt und die Frage, ob die Höchstbeträge der…

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BGH zum jugendhilferechtlichen Dreiecksverhältnis

Mit Urteil vom 18.2.2021 hat der Bundesgerichtshof (BGH) die Entscheidung des OLG München vom 5.12.2019 [siehe Meldung vom 6.2.2020] zum jugendhilferechtlichen Dreiecksverhältnis bekräftigt (Aktenzeichen III ZR 175/19). Damit ist höchstrichterlich bestätigt, dass die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts zum sozialhilferechtlichen Dreiecksverhältnis auf die Kinder- und Jugendhilfe zu übertragen ist.

Bislang herrscht in der Praxis nicht immer ein Bewusstsein darüber, dass die Leistungserbringung auf der Grundlage eines zivilrechtlichen Vertrages zwischen Leistungserbringer und leistungsberechtigter…

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