Rechtsmittel gegen die Aufforderung zur Senkung der Unterkunftskosten (SGB II/ SGB XII)

Die Aufforderung, die Kosten der Unterkunft zu senken, kann nach ganz überwiegender Auffassung nicht angefochten werden. Diese Auffassung ist nicht überzeugend, denn die Aufforderung zur Kostensenkung ist für die Betroffenen folgenreich. Art 19 Abs. 4 GG konstituiert die Rechtsweggarantie: Eine Entscheidung einer staatlichen Behörde, die in die Rechte eines Bürgers eingreift, muss der richterlichen Überprüfung zugänglich sein.

Im Sozialverwaltungsverfahren sind grundsätzlich drei Wege denkbar, um die Kostensenkungsaufforderung einer gerichtlichen Überprüfung zu unterziehen:

1. Die Aufforderung kann als Verwaltungsakt (§ 31 SGB X) ausgelegt werden. Dann ist sie mit Widerspruch und Klage anfechtbar. Widerspruch und Klage haben aufschiebende Wirkung (§ 86a Abs. 1 Satz 1 SGG, § 39 SGB II). Das BSG hat allerdings schon am 7.11.2006 in einem obiter dictum (ungefähr: nebenbei gesagt) angedeutet, dass es die Kostensenkungsaufforderung nicht für einen Verwaltungsakt hält. Diese Auffassung wurde auch später durch das BSG bestätigt.

2. Es könnte einen Anspruch darauf geben, dass die Behörde zusichert (§ 34 SGB X), dass die bisherigen Aufwendungen der Unterkunft auch in Zukunft übernommen werden. Diese Möglichkeit hat das BSG mit Urteil vom 22.11.2011 verneint.

3. Die Kostensenkungsaufforderung erzeugt eine Obliegenheit zur Kostensenkung. Solche Obliegenheiten hat das BSG mehrfach als Rechtsverhältnisse im Sinne von § 55 SGG gewertet. Das bedeutet, dass es möglich ist, Klage mit dem Ziel zu erheben, dass festgestellt wird, dass eine solche Obliegenheit nicht besteht (Feststellungsklage gem. § 55 Abs. 1 Satz 1 SGG).

Nachdem das BSG im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren B 4 AS 27/15 B die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtsfrage zugelassen hat (unsere Meldung vom 27.8.2015), ist jetzt unter dem Aktenzeichen B 4 AS 36/15 R ein Revisionsverfahren beim BSG anhängig hat, in dem es um die Frage geht, ob die Feststellungsklage in einem solchen Fall zulässig ist.  Hilfsweise geht es um die Frage, ob die Kostensenkungsaufforderung als Verwaltungsakt gewertet werden muss.

Die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung ist nur möglich, wenn ein Verfahren gewisse Erfolgsaussichten hat. Damit haben nun auch Feststellungsklagen in erster und zweiter Instanz, die einen vergleichbaren Sachverhalt betreffen, eine gewisse Aussicht auf Erfolg. Die Instanzgerichte müssen deshalb, wenn die übrigen Voraussetzungen dafür vorliegen, Prozesskostenhilfe für solche Verfahren bewilligen.

Wir stellen unsere Revisionsbegründung und damit unsere Argumentation hier zum Download zur Verfügung und laden ausdrücklich dazu ein, die hier entwickelten Argumente und Formulierungen für andere Verfahren zu verwenden.

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