Vorlage an den EuGH betreffend den Leistungsausschluss in § 7 Abs. 1 Satz 2 Nrn 1 und 2 SGB II für EU-Bürger

Der 4. Senat des Bundessozialgerichtes hatte am heutigen Donnerstag über die Sprungrevision gegen das Urteil des SG Berlin vom 19.12.2012 zum AZ S 55 AS 18011/12 zu entscheiden. Das SG Berlin hat hier entschieden, dass die Leistungsausschlüsse für EU-Ausländer aus § 7 Abs. 1 Satz 2 Nrn 1 und 2 SGB II nicht anwendbar sind, weil sie gegen höherrangiges Recht der Europäischen Union verstoßen. Wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Sache hatte das SG Berlin die Sprungrevision zugelassen, die auch eingelegt wurde. Das BSG hat in der Sache nicht entschieden, sondern das Verfahren mit Beschluss vom heutigen Tag ausgesetzt und dem Gerichtshof der europäischen Union (EuGH) folgende Fragen vorgelegt:

1. Gilt das Gleichbehandlungsgebot des Art 4 VO (EG) 883/2004 ‑ mit Ausnahme des Exportausschlusses des Art 70 Abs 4 VO (EG) 883/2004 ‑ auch für die besonderen beitragsunabhängigen Geldleistungen iS von Art 70 Abs 1, 2 VO (EG) 883/2004?

2. Falls 1. bejaht wird: Sind ‑ ggf in welchem Umfang ‑ Einschränkungen des Gleichbehandlungsgebots des Art 4 VO (EG) 883/2004 durch Bestimmungen in nationalen Rechtsvorschriften in Umsetzung des Art 24 Abs 2 RL 2004/38/EG möglich, nach denen der Zugang zu diesen Leistungen ausnahmslos nicht besteht, wenn sich ein Aufenthaltsrecht des Unionsbürgers in dem anderen Mitgliedstaat allein aus dem Zweck der Arbeitssuche ergibt?

3. Steht Art 45 Abs 2 AEUV in Verbindung mit Art 18 AEUV einer nationalen Bestimmung entgegen, die Unionsbürgern, die sich als Arbeitsuchende auf die Ausübung ihres Freizügigkeitsrechts berufen können, eine Sozialleistung, die der Existenzsicherung dient und gleichzeitig auch den Zugang zum Arbeitsmarkt erleichtert, ausnahmslos für die Zeit eines Aufenthaltsrechts nur zur Arbeitsuche und unabhängig von der Verbindung mit dem Aufnahmestaat verweigert? [Terminsbericht 4. Senat BSG]

Nach Entscheidung durch den EuGH wird das Verfahren voraussichtlich an das BSG zurückverwiesen werden, das dann auf der Grundlage der EuGH-Entscheidung sein Urteil sprechen wird. Das Verfahren beim EuGH ist ein Vorabentscheidungsverfahren. Die durchschnittliche Dauer dieser Verfahren lag im Jahr 2012 bei knapp 16 Monaten.

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